Poppelsdorf, seit jeher der nächst- und schönstgelegene Vorort Bonns, entstand als fränkische Straßensiedlung eines „Popil“ entlang der Jahrtausende alten Fernverbindung von Bonn nach Trier, die durchs Melbtal über den Kreuzberg auf Ückesdorf und Meckenheim zuläuft und am heutigen Poppelsdorfer Platz die ebenso alte „Bergstraße“ von Remagen nach Köln kreuzt, die Verbindung zu den gallo-romanischen Nachbardörfern Kessenich und Endenich. Erstmalig erwähnt wird es vor über 1000 Jahren in einem Güterverzeichnis der Probstei des Bonner Münsters, welcher vom Mittelalter bis zur französischen Besatzung 1794 die „Herrlichkeit Poppelsdorf“ zugehörte – diese umfasste den Kreuzberg, Ippendorf und Endenich. Alle vom dortigen „Dingstuhl“ verurteilten (leichteren) Gesetzesbrecher saßen in der Poppelsdorfer Wasserburg ein, die vor dem 12. Jahrhundert als Wachtposten der Grafen von Are entstanden war, und zwar dort wo die „Meckenheimer Straße“ (heute „Allee“) den alten militärisch genutzten „Reiterweg“ (die heutige Reuterstraße) kreuzt. Seit dem 16. Jahrhundert baute sie der kurfürstliche Kölner Erzbischof zur Residenzburg aus, ersetzte sie nach Zerstörung im Truchsessischen Krieg schließlich durch ein typisches Barockschloss des 18. Jahrhunderts als Lustschloss „Clemensruhe“ und verband dieses mit dem Bonner Residenzschloss im Hofgarten über die Poppelsdorfer Allee. Vor dem 1950-56 restaurierten Poppelsdorfer Schloss, wo heute im Sommer ein reges Treiben herrscht, fand 1746 auch die erste Poppelsdorfer Kirmes statt.
Frühe Industrieunternehmen und Betriebe
Die Kurfürsten, allen voran der prachtliebende Clemens-August, entwickelten Poppelsdorf zu einem wichtigen Versorgungszentrum der Hofverwaltung mit Wohnhäusern, Geschäften und Betrieben. Beispiele sind das noch erhaltene Wasserträgerhaus in der Clemens-August-Straße 13 und die beiden Wasserburgen: die 1908 abgerissene Sternenburg (siehe die Gedenktafel Ecke Sternenburgstraße/Kirschallee) sowie die kleinere Katzenburg, um die herum die kurfürstliche „Fayancerie und Porcellain-Fabrik“ aufgebaut wurde, welche sich dann im 19. und 20. Jahrhundert zum ersten örtlichen Industrieunternehmen, den Wessel Keramischen Werken entwickelte (Clemens-August-Straße 16, siehe dortige Gedenktafel). Die zweite und schließlich größere Poppelsdorfer Industriefirma war die F. Soennecken Büro- und Möbelfabrik, die ab 1884 zwischen Jagdweg und Kirschallee entstand und vor dem ersten Weltkrieg bis zu 3000 Beschäftigte aufwies sowie Außen-Vertretungen in fast allen Kontinenten hatte. Beide Unternehmen haben bis Ende der 1960er Jahre produziert. Zusätzlich gab es noch die Kaffee-Firma Zuntz sel. Witwe auf der Königstraße sowie die Bonner Aktienbrauerei an der Trierer Straße. Neben den üblichen Handwerker-Betrieben fanden sich in Poppelsdorf zahlreiche Winzereien (‘Wingerten’), die im 19. Jahrhundert durch Gemüse- und Obstgärtnereien („Bungerten“) abgelöst wurden.
Universität und Gaststätten
Die 1818 neugegründete Bonner Universität richtete im Poppelsdorfer Schloss ein Naturhistorisches Museum sowie Hörsäle, Laboratorien und Wohnräume für die Professoren ein. Innerhalb des Schlossweihers wurde der Botanische Garten angelegt, dessen heutiges „System“ wieder Anklänge an den vor 1800 bestehenden Rokoko-Garten zeigt. Im 19. Jahrhundert erweiterte sich der Poppelsdorfer Universitäts-Campus auf das ehemals kurfürstliche Gelände beiderseits der Nussallee: Es entstanden das Anatomische, das Physiologische und das Chemische Institut sowie mehrere Institute der Landwirtschaftlichen Hochschule/Akademie zu Poppelsdorf, welche heute alle noch vorhanden sind. Die stark anwachsende Zahl von Professoren und Studierenden erforderte nicht nur Privatunterkünfte in Poppelsdorf, sondern auch Gaststätten mit Tanzsälen. Um 1900 gab es im Unterdorf und im Oberdorf zusammen ungefähr 33 Gaststätten und über 10 Säle – auch heute gilt die Clemens-August-Straße mit seinen Geschäften, Restaurants und Cafés als die beliebteste „Flaniermeile Bonns“.