Carl-Troll-Straße

Vielen älteren Poppelsdorfern wird diese Straße als Landgrabenweg noch in guter Erinnerung sein. Über diese Gegend schreibt der Chronist unserer Schulchronik aus dem Jahre 1860: „Einen ähnlich langen Streifen Landes finden wir auf der entgegengesetzten Seite des Dorfes, den Landgraben, dessen Bestimmung gewesen zu sein scheint, das in früheren Jahren in dem anstoßenden Bachfelde sich öfters durch den Ausbruch des Endenicher Baches sammelnde Wasser aufzunehmen“

Wessels Fabrik mit dem Gebäude Clemens-August-Straße 16 im HintergundUnser ehemaliger Landgrabenweg, 1894 mit Endenich zusammen von der Gemeinde Poppelsdorf gebaut, verband die Sebastianstraße mit dem Katzenburgweg. Er markierte auch die nordwestliche Grenze des Geländes der früheren Wesselwerke, trennte vom Fabrikgebiet den Garten und die prächtige Villa des Fabrikanten Wessel ab, die von der Sebastianstraße aus gesehen auf der linken Seite gelegen war. Dort, wo die Kekuléstraße einmündet, standen bis zur Umgestaltung des Gebietes Werkswohnungen für Beschäftigte der Firma Wessel. Und anschließend überquerte man die Gleise vom „Wesselsbähnchen“, dessen Gleise vom Güterbahnhof bis nach Poppelsdorf reichten, und sah dann die ausgedehnten Lagerhallen der Steingutfabrik.

Heute unterschneidet die B 9 diese Straße. Auf der Poppelsdorfer Seite liegen große Parkplätze, und weiter zur Karlrobert-Kreiten-Straße erhebt sich das neue Lehrgebäude für das biologische Institut der Universität Bonn. Auf der Seite gegenüber hat die Universität weite Felder für ihre landwirtschaftlichen Forschungen. Dort an der Einmündung zum Katzenburgweg sieht man links das vordere Gebäude der Tierphysiologie.

Seit 1969 ist die Straße in Carl-Troll-Straße umbenannt, weil es mit unserem früheren Landgrabenweg eine Namensgleichheit in Beuel gibt und dort diese Straße wesentlich länger ist; man hätte also deutlich mehr Anwohnern eine Adressenänderung zumuten müssen.

Wer war Carl Troll? Er war ein Geograph höchsten Ranges. Man hat ihn als „geistigen Nachfolger Alexanders von Humboldt“ ausgezeichnet. In Bayern am 24. Dezember 1899 geboren, wurde er nach seinem Studium und Forschungen auf Expeditionen durch die Anden 1926/29, an den Gebirgsrändern Mittel- und Südafrikas vom Roten Meer bis Kapstadt 1933, an den Hängen des Nanga Parbat 1937 schließlich 1938 nach Bonn berufen. Hier blieb er trotz ehrenvoller Rufe nach München, Zürich und Berlin und wirkte als Direktor des geographischen Instituts äußerst erfolgreich. Seine über 120 Doktoranden gingen in alle Welt, davon wurden über 30 Hochschullehrer. 1960/61 wurde er zum Rektor der Universität gewählt. Er war sehr beliebt als Dozent, ebenso als Leiter seiner viel beachteten Exkursionen. Aus seiner Hand gingen mehr als 100 Bücher und Schriften hervor, insgesamt stammen aus seiner Feder 361 Publikationen.

Troll prägte den Begriff Landschaftsökologie. Seine Hörsäle waren immer voll belegt, die Kollegen und die Studenten schätzten ihn als liebenswürdigen und faszinierenden Hochschullehrer. Er war halt in tiefstem Herzen von seiner Wissenschaft überzeugt und erfüllt. Nicht nur der Hochschule schenkte er seine Kraft, er folgte der Tradition vieler seiner Vorgänger aus der Gründungszeit der Universität, er nahm aktiv teil an den Geschicken Bonns als Stadtrat der CDU. Als er am 21. Juli 1975 starb, verloren die Universität und die Stadt Bonn einen engagierten und verdienstvollen Bürger. Sein Grab ist auf dem Poppelsdorfer Friedhof.

Helmut Uessem