Argelanderstraße

Argelanderstraße

Friedrich Wilhelm August Argelander (Carl Peter Mazer)
Auf einem Stadtplan von Bonn aus dem Jahre 1877 sucht man vergebens die Argelanderstraße. Wohl ist die Sternwarte schon eingezeichnet, aber die Straße, die den Namen eines der berühmtesten Astronomen heute trägt, wird lediglich als „Project-Str.“ aufgeführt und scheint in der Planung nur bis zum „Reutersweg“ (heute Reuterstraße) vorgesehen gewesen zu sein. Die Straße beginnt in der Planung dort, wo sie auch heute anfängt. Nur damals war die Poppelsdorfer Allee noch kaum bebaut. Allerdings gibt es bereits den „Grünen Weg“, die heutige Königsstraße. Die Fortsetzung der Argelanderstraße über die Reuterstraße hinaus zum Venusberg steht wohl 1877 in den Sternen.

Die Sternwarte ist also schon da. Sie tat seit 1845 ihren Dienst. Doch bereits in der Bauphase hat Friedrich Wilhelm August Argelander dem König Friedrich Wilhelm IV. seine ernsten Befürchtungen geschrieben, dass die eben eingerichtete Eisenbahnlinie durch ihre Bodenerschütterungen die astronomischen Messergebnisse beeinträchtigen könnte. Dies und auch die Dunstglocke über der Stadt haben den Auszug der Astronomie aus Bonn dann auch später verursacht. Doch zurück zu Argelander. Er stammt aus Memel, wurde am 22. März 1799 dort als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns geboren und begegnete im Jahre 1807 in seinem Vaterhaus dem damaligen preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm.

Die beiden – Argelander war acht Jahre alt, der Kronprinz zwölf – schlossen eine Freundschaft, die ein Leben lang hielt. Doch ihre Wege trennten sich, der Kronprinz widmete sich dem Militärwesen und später der Königswürde, Argelander wurde erfüllt von dem Fortschritt seiner Zeit. Eisenbahn, Dampfschiffe und Maschinen veränderten die Welt. Der junge Mann strebte auch an die Grenzen des Möglichen, er suchte, das Universum zu erfassen, zu erschließen und zu ermessen. Seine Welt wurde die Welt der Sterne. Bereits 1820 durfte er als Assistent an der Sternwarte in Königsberg arbeiten, acht Jahre später war er Observator an der Sternwarte Abo in Finnland, wo er auch Professor wurde.

Alte Sternwarte

1837 kam Argelander nach Bonn, berufen an die Universität, um dort den Aufbau als Ordinarius der Astronomie zu übernehmen. Aus Poppelsdorf stammte der Universitätsbauinspektor Peter Joseph Leydel, der den Entwurf für die Sternwarte schuf. Jedoch König Friedrich Wilhelm IV. selbst nahm sich der Pläne an und ließ sie von seinem Baumeister Schinkel überarbeiten. Zum Beethovenfest 1845 weilte der König in Bonn und besichtigte dabei mit Interesse den Bauplatz des Observatoriums für seinen Freund Argelander. Sieben Jahre lang verbrachte der Astronom mit seinen beiden Mitarbeitern jede klare Nacht, um den für sie sichtbaren Nordhimmel zu beobachten, die Sterne zu orten nach Größe, Lichtstärke und Lage am Firmament. Exakt 324 188 Himmelskörper wurden erfasst und in 40 Karten eingezeichnet.

Die optischen Hilfsmittel waren, von heute her gesehen, primitiv. Ein einfaches, kaum ein Meter langes Fernrohr war das Prunkstück der Sternenforscher. Meist beobachteten sie mit bloßem Auge oder mit einem kleinen Opernglas. Vor der Fertigstellung der Sternwarte standen sie nächtelang auf dem Alten Zoll dicht neben dem Wohnhaus von Argelander. Und doch hat ihre „Bonner Durchmusterung“ heute noch Bedeutung. 1966 erschien die vierte Auflage unverändert.

Argelander starb am 17. Februar 1875 hoch geehrt. Er wurde zwei Mal zum Rektor der Universität gewählt. Sein Grab ist auf dem Alten Friedhof leicht zu finden.

Die Argelanderstraße ist über die Reuterstraße hinweg bis zum Hang des Venusberges weitergeführt worden. Ihre Häuser künden heute noch vom aufstrebenden Bürgertum, das sich hier in kostbaren Bauten manifestiert, wobei gleich am Anfang der Straße auf der rechten Seite von der Poppelsdorfer Allee her ein denkmalgeschützter Komplex auffällt. Er gehört zu den Bauten der Fabrikantenfamilie Zuntz, die sie für sich und die leitenden Angestellten ihrer weltweit bekannten Kaffeerösterei erbauen ließen. Die Reste dieser Rösterei finden wir noch auf der Königstraße, die damals „Grüner Weg“ hieß.

Helmut Uessem