Wilhelm-Levison-Straße

RoonstraßeVielen ist diese Straße, die die Schlossstraße mit der Argelanderstraße verbindet, noch als Roonstraße bekannt. Die Umbenennung erfolgte im Zuge der ‚Kommunalen Neuordnung 1969’.

Wer war dieser Wilhelm Levison? 1876 wurde er in Düsseldorf geboren. Seine Familie verstand sich als „Deutsche jüdischen Glaubens“. Daher ist auch die Namengebung zu verstehen, die wie zur damaligen Zeit vielfach üblich, in ‚Wilhelm’ die Verehrung für das Kaiserhaus dokumentierte. 1894 zog der junge Levison nach Bonn und studierte hier an der Universität Geschichte und Klassische Philologie. Ein Semester verbrachte er in Berlin, lernte dort sein späteres Spezialgebiet, ‚das Mittelalter’, kennen und machte es zu seiner Lebensaufgabe. Seine Doktorarbeit aus dem Jahre 1898 gilt noch heute als methodisch wegweisend und trug die Note ‚summa cum laude’. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete er an einem großen Werk, der ‚Monumenta Germaniae Historica’ (historische Denkmäler Deutschlands) mit dem Historiker Bruno Krusch zusammen über 20 Jahre in Hannover und Breslau. 1903 kehrte er nach Bonn zurück. Er habilitierte sich hier und blieb 32 Jahre seiner alma mater treu bis ihn die Rassegesetze der Nazis aus dem Lehramt vertrieben Bis dahin hatte er sich einen weltweiten Ruf erworben als Historiker insbesondere der merowingischen und frühkarolingischen Zeit. Sein akademischer Nachfolger, Prof. Holtzmann, schrieb über ihn: “ … Levison hat das mühsame Geschäft der Säuberung dieses Materials geleitet und sich dabei zum besten Kenner des Mittelalters und zu einem international anerkannten Forscher auf dem Gebiet der Heiligenbeschreibung entwickelt.“

Wilhelm Levison1931 trug man ihm die Ehrendoktorwürde der britischen Universität Durham an. Die NS-Rassegesetze zwangen ihn 1936 zur Emeritierung. Er durfte nicht einmal mehr die Uni-Bibliotheken betreten. Freunde versorgten ihn heimlich mit Lesestoff. Die Pogrome 1938 signalisierten ihm, dass seine Existenz in höchste Gefahr kam. Levison emigrierte am 16. April 1939 nach Durham, blieb dort bis der Krieg zu Ende war. Seine ersehnte Heimkehr verhinderte sein schwaches Herz. Er starb 1947 in England. Seiner unvergessenen Universitätsstadt Bonn vermachte er seine wertvolle historische Büchersammlung, die zum Grundstock der zerstörten Fachbibliothek des Historischen Seminars wurde. Auch vermittelte er zwischen Thomas Mann und der Bonner Universität und erreichte, dass der Schriftsteller die von den Nazis ihm aberkannte Ehrendoktorwürde wieder annahm.

Ein makabrer Witz der Geschichte: Der spätere NS-Propagandaminister und entschiedene Rassenfanatiker Joseph Goebbels war einst Hörer bei Levison!

Helmut Uessem